Sottsass, Ettore

 

geboren 1917 in Innsbruck – gestorben am 31. Januar 2007 in Mailand.

In seinem langen und bewegten Leben hat er enormen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts genommen. Seine kreative Energie war ungebrochen und soweit es seine Gesundheit erlaubte, arbeitete er bis zuletzt täglich an seinen Projekten.

Ettore Sottsass war ein Universalkünstler – er ist Architekt, seine vornehmlichste Tätigkeit ist jedoch Zeichnen und Malen (tausende von Zeichnungen sind in der Sammlung der Universität von Parma), berühmt wurde er für seine revolutionären Entwürfe für Industrie- und Wohndesign, besonders umfangreich ist seine Arbeit mit Keramik und Glas und bis jetzt noch weniger bekannt ist sein fotografisches Werk.

Gedanken und Bilder sind seine Mitte. In ständigem Fluss der Erneuerung lässt er sie als seine Form der Kommunikation in allen erreichbaren Medien zu Ausdruck kommen: Architektur, Schrift, Fotografie, Keramik, Kunststoff, Holz, Metall, Glas, Papier, Farben werden für sich und in jeder Kombination als Träger seiner Visionen ausgelotet und weiträumig erprobt. Sein Oeuvre bildet eine breite Spur, in der einzelne Arbeiten als Archetypen sichtbar werden, wovon einige den Stil eines Jahrzehnts beeinflussten, andere aber werden erst nach Jahrzehnten erkannt werden. Es soll hier nur punktuell auf seine Biographie eingegangen werden, sie wird in einer großen Anzahl von Büchern ausführlich beschrieben.

E.S. schloss 1939 das Polytechnikum in Turin ab. Seit 1946 sind die ersten datierbaren Möbelentwürfe bekannt, er arbeitet an Gemälden und Skulpturen. In den 50er Jahren beginnt er, eine Karriere als Industriedesigner bei mehreren Firmen aufzubauen. Viele Reisen und Auslandsaufenthalte inspirieren ihn, insbesondere seine ausgedehnte Indienreise prägt seine Arbeit. Ein einjähriger Krankenhausaufenthalt 1962 in den USA, den er nach eigenem Empfinden nur knapp überlebt, beeinflusst sein Denken entscheidend. Er wird in den 60er Jahren Olivetti zu einem neuen Konzept führen, das weltweit Standards setzt. Nach bereits intensiver Designarbeit in den 50er Jahren bei Poltronova, dem kreativen Hersteller von Möbeln, die von Künstlern entworfen werden, mündet in den 60er Jahren seine Arbeit in eine völlig neue Sichtweise über Möbel und das Wohnen mit denselben: der Schrank (Superbox) als Minimal Art Objekt oder als Pop Art, gefertigt aus einem neuen von ihm entworfenen Kunststofflaminat, das Zimmer als Wohnlandschaft mit weißen und grauen Fiberglasobjekten (Mobili Grigi). Im MOMA, New York wurden diese 1972 in der berühmt gewordenen Ausstellung „The New Domestic Landscape“ vorgestellt. In diese Zeit fällt auch seine intensive Auseinandersetzung mit Keramik u.a. für die Galerie Il Sestante, Milano, die ein einzigartiges Oeuvre von Unikaten und Kleinserien schaffen sollte (ceramiche di lava, – di tenebre, – di Shiva, – tantriche, – di fumo, – Yantra). 1973 ist er Gründungsmitglied von Global Tools einer Künstlergruppe die sich mit Antidesign und philosophisch-emotionaler Architektur beschäftigt. 1976 gründet er mit Mendini, Branzi, Gregori und Guerriero die Design Gruppe Studio Alchimia, die der Ausgangspunkt des neuen Designs der 80er Jahre in Europa wurde (Bau.Haus Art collection).

Im Anschluss daran entsteht 1981 die Formation mit dem Namen Memphis, die eher kommerziell sein sollte und die später, von Artemide weitergeführt, tatsächlich einige revolutionäre Entwürfe von Sottsass (z.B. Raumteiler Carlton 1981) in größerer Anzahl produzieren und auf die ganze Welt verteilen konnte. Der Name Memphis wurde ein Synonym für „farbiges verrücktes“ Design und noch heute spricht man vom „Memphis style“. In den 80er Jahren intensiviert sich seine Arbeit im internationalen Bereich und in den 90er Jahren übernimmt zunehmend die 1980 gegründete Firma Sottsass Associati die Tagesarbeit, sodass E.S. sich auf Architekturprojekte in China, USA und Europa und auf limitierte Editionen von Glas- Keramik- Foto- und Grafikarbeiten für verschiedene Galerien konzentrieren kann. 1976 organisiert das Design Zentrum Berlin eine Werkschau “Sottsass”, die später in Paris, Barcelona, Jerusalem und Sidney gezeigt wird. 1994 erweist das Museum Centre George Pompidou in Paris Ettore Sottsass die Ehre einer großen seine ganzen Werkbereiche umfassenden Retrospektive. Trotz vieler Ausstellungen in Mailand, Neapel, Barcelona, Paris, Hamburg, New York, Los Angeles, Tokio usw. und zahlloser Bücher und Medienberichten ist Ettore Sottsass zwar in der Welt sehr bekannt geworden, aber die Bedeutung seiner komplexen und doch einfach wirkenden Arbeiten ist noch nicht wirklich erkannt und gewichtet. Außer Privatsammlungen gibt es noch kein Museum das sich um dieses gewaltige künstlerische Oeuvre kümmert, es kuratiert und zeigt. Dies lag vielleicht an einem gewissen Desinteresse des Künstlers, sich selbst in den Vordergrund zu stellen, möglicherweise ist sein Werk auch so vielfältig, dass es von der bis heute so typischen Aufgliederung der Museen in Fachrichtungen nicht erfasst wurde.

Zahlreiche Ehrungen wurden Ettore Sottsass zuteil. Um nur einige zu nennen: der Titel des Officier de l’ Ordre des Arts et Lettres de la République Française, welcher ihm 1992 verliehen wurde, weiterhin ein Ehrengrad der US-amerikanischen Rhode Island School of Design (1993), der IF Design Award vom Industrieforum Design in Hannover (1994), die Ehrendoktorwürde des Londoner Royal College of Art, der Design Award vom New Yorker Brooklyn Museum (1996), der Oribe Award der japanischen Stadt Gifu (1997), ein Ehrengrad der Glasgow School of Art (1999), ein Ehrengrad des London Institute of Art, ein Ehrengrad für Industriedesign vom Mailänder Polytechnikum und die Ernennung zum Grande Ufficiale per l’ Ordine al Merito durch den Präsidenten der italienischen Republik im Jahre 2001.